Alben

Der Name klingt bombastisch, und tatsächlich sind COLOSSEUM so etwas wie Saurier in der Geschichte der Rockmusik: ein Zusammenschluss von ungeheuer virtuosen Solisten,dabei trotzdem mit einem geschlossenen, kompakten Sound und in den verschiedenen Konstellationen musikalisch stets sehr innovativ. Die beiden ersten Alben, „Those Who

Are About To Die Salute You" und "Valentyne Suite", beide 1969, erreichten die Top 20 in den britischen Album-Charts. Gegründet wurde die Band 1968 von Schlagzeuger Jon Hiseman und dem Saxophonisten Dick Heckstall-Smith zusammen mit dem Organisten Dave Greenslade, dem Bassisten Tony Reeves und dem Gitarristen/Sänger James Litherland. Hiseman und Heckstall-Smith lernten sich 1967 in der GRAHAM BOND ORGANIZATION (mit Ginger Baker später Cream) kennen und stießen dann zu JOHN MAYALL´S BLUESBREAKERS (mit Mick Taylor später Stones), um die Studio-LP "Bare Wires" einzuspielen. Dieses erste COLOSSEUM line up war Teil des legendären Rock Movies SUPERSESSION mit Eric Clapton, Buddy Guy, Stephen Stills, Buddy Miles & Led Zeppelin.

Der eigentliche Kopf der Band war Schlagzeuger Hiseman - sein musikalischer Werdegang prägte auch die Stilvielfalt von COLOSSEUM: Er kam eigentlich vom Jazz, hatte aber auch Erfahrungen in Sachen Blues und Rock gesammelt und brannte darauf, komplexe musikalische Ideen mit einer Gruppe von handwerklichen Könnern umzusetzen. Was ihm auch gelang: Kritiker äußerten sich begeistert über das Plattendebüt, insbesondere über das Zusammenspiel raffinierter Bläsersätze mit der virtuosen, aber dabei ungeheuer kraftvollen Rhythmusmaschinerie. Beim Publikum kam zunächst das zweite Album ("Valentyne Suite", 1969) am besten an & COLOSSEUM schaffte es, sich einen Ruf als hervorragender und innovativer Live-Act aufzubauen. Anfang 1970 ging Litherland zu MILLION und Reeves zog sich wieder auf seinen Posten als Produzent zurück, diesmal für Sandy Denny und John Martyn. Hiseman ersetzte sie durch den früheren BAKERLOO-Gitarristen Dave 'Clem' Clempson, den Bassisten Mark Clarke und verpflichtete einen professionellen Sänger: Chris Farlowe. Farlowe galt als prominenter Vertreter der britischen Rhythm'n'Blues-Szene & hatte schon 1966 einen Nummer-Eins-Hit mit dem ROLLING STONES-Song "Out Of Time".

In dieser Besetzung, verstärkt durch Barbara Thompson, Hisemans Lebensgefährtin und hervorragende Jazz-Saxophonistin, nahmen COLOSSEUM 1970 die dritte LP, "Daughter of Time" auf - es sollte die letzte Studio-LP werden. Denn ein knappes Jahr später, im Oktober/November 1971 ließ sich diese Band von Solo-Virtuosen nicht länger zusammenhalten. Clempson ging als Nachfolger von Peter Frampton zu HUMBLE PIE; Farlowe widmete sich - nach einem Zwischenspiel bei ATOMIC ROOSTER - weiter seiner Solokarriere; Greenslade gründete eine Band unter eigenem Namen & Heckstall-Smith zog ebenfalls eine eigene Band auf. Clarke und Hiseman gründeten mit Sänger Paul Williams (Ex-Zoot-Money-Band) und Gitarrist Allan Holdsworth, der später zu SOFT MACHINE gehen sollte, TEMPEST.

Praktisch gleichzeitig mit dem Split der Band kam allerdings noch ein Doppelalbum auf den Markt, das man sicherlich auch heute noch getrost als ein Juwel der Rockgeschichte bezeichnen kann: "Colosseum Live"

Zusammengestellt wurde es aus Aufnahmen von zwei Konzerten vom März 1971 in Brighton bzw. Manchester. Die sechs Stammusiker von "Daughter Of Time" sind in Höchstform zu hören: "Lost Angeles" und "Skelington", die jeweils eine Plattenseite füllen, sowie die Zugabe eines der Konzerte, der "Stormy Monday Blues", gehören als Klassiker der Rockmusik eigentlich in jeden Plattenschrank - es gibt kaum andere Aufnahmen aus der damaligen Zeit, die anschaulicher die wechselweise sich befruchtende Spielfreude virtuoser Solisten in einem komplexen Gruppenzusammenhang dokumentieren. Hiseman brachte Anfang 1972 noch eine authorisierte Best-Of-Zusammenstellung heraus ("Collector's Colosseum") und widmete sich dann seiner neuen Band, TEMPEST. 1975 versuchte er mit COLOSSEUM II den alten Geist wiederzubeleben: Zum Line-Up gehörten diesmal der ehemalige SKID ROW- und THIN LIZZY- Gitarrist Gary Moore, Sänger Mike Starrs, Keyboarder Don Airey und Bassist Neil Murray. In dieser Besetzung spielte man 1976 "Strange New Flesh" ein, ein Album das trotz der stärkeren Hardrock-Einflüsse, die vor allen Dingen von Moores Kompositionen in die Band gebracht wurden, immer noch dem alten COLOSSEUM-Sound relativ nahe kommt. Ende '76 ging Starrs zu LUCIFER'S FRIEND und Murray wurde von John Mole ersetzt. 1977 kamen noch zwei Alben, "Electric Savage" und "Wardance", beide rocklastig, aber jazzbeeinflusst auf den Markt. 1978 ging Moore zu THIN LIZZY zurück, für ihn kam Aireys Bruder Keith; Ende des Jahres, als Don Airey mit Richie Blackmore von DEEP PURPLE RAINBOW aufmachte, war es mit COLOSSEUM II endgültig vorbei. Hiseman gründete mit seiner Frau Barbara Thompson bereits 1975 das UNITED JAZZ AND ROCK ORCHESTRA, in ihrer Jazzformation PARAPHERNALIA spielt er seit 1979. Beide arbeiteten außerdem auch noch mit Leuten wie Johnny Dankworth und Andrew Lloyd Webber zusammen.

1994 reformierte sich die Formation in der ´klassischen´ "Colosseum Live"- Besetzung von 1971 und präsentierte seither ihr Programm mit großem Erfolg auf zahlreichen Festivals und Europa-Tourneen, flankiert durch ihre Veröffentlichungen "The Reunion Concerts 1994", "Bread And Circusses" (1997), "Tomorrows Blues" (2003) & "LIVE ´05" (2007). Für den im Dezember 2004 verstorbenen Saxophonisten Dick Heckstall-Smith spielt Barbara Thompson das Saxophon. (Quelle: MUNZINGER ARCHIV)

Vom 20.10. - 14.11. 2010 sind Colosseum mit neuer LIVE-CD wieder auf Tournee durch Deutschland, Österreich, Schweiz, Ungarn & Tschechien und im Sommer auf einigen Festivals zu sehen.

Colosseum wurde 1968 vom Schlagzeuger Jon Hiseman und dem Saxophonisten Dick Heckstall-Smith gegründet, die zuvor mit der Graham Bond Organization in einem illustren Kollegenkreis reüssiert und danach mit John Mayall's Bluesbreakers den europäischen "weißen" Blues popularisiert hatten. Hiseman brachte die ihm schon aus Schulzeiten bekannten Dave Greenslade (später Kopf seiner Band Greenslade), Tony Reeves und James Litherland (von James Litherland's Brotherhood) mit ein. Heckstall-Smith ersparte ein allzu großes Gedrängel auf der Bühne, indem er zuweilen zwei Saxophone simultan spielte. Innerhalb kurzer Zeit erarbeitete sich Colosseum mit suitenartigen Kompositionen, die Jazz, Rock, Blues und klassische Elemente fusionierten, einen legendären Ruf. Das vielschichtige instrumentale Spektrum wurde 1970 durch den Rhythm-and-Blues-Sänger Chris Farlowe noch erweitert. Das Live-Album der Band (Mitschnitt aus dem Jahre 1970) dokumentiert den wohl höchsten Entwicklungsstand der Gruppe und war für mehr als 20 Jahre auch deren Schlussstein. Im Jahr darauf löste sich Colosseum auf. Hisemans Colosseum II von 1975, mit Gary Moore und Don Airey, war nach Auffassung vieler Fans ein "illegitimer Erbe" und konnte nicht an den Erfolg der Vorgänger anknüpfen. Diese Formation spielte zeittypischen Jazzrock und löste sich 1977 nach drei Studioalben wieder auf. 1994 trommelte Hiseman nach mehr als 20 Jahren die Gruppe in der erfolgreichen Besetzung von 1971 wieder zu einem Reunion Concert zusammen, das auch im Rockpalast aufgezeichnet wurde. Es folgten weitere Auftritte und Studio-Aufnahmen. Der erkrankte Heckstall-Smith († 2004) wurde durch Hisemans Ehefrau Barbara Thompson, die schon früher bei Colosseum mitgewirkt hatte, kongenial ersetzt.