Wie alle großen Künstler hat Ryan Perry keine Angst davor, noch mal ganz von vorne anzufangen. Seit 2007 hat sich der Bandleader aus Mississippi in der vielfach ausgezeichneten Homemade Jamz Blues Band einen festen Platz gesichert. Aber bei seinem Solodebüt musste er noch mal all seinen Mut zusammennehmen. Er vertraute auf sein Talent und das war gut so, denn mit High Risk, Low Reward kündigt er einen musikalischen Touchdown an, der für einen Solokünstler mehr als wertvoll ist. „Dieses Album war das schwerste, was ich bisher gemacht habe,“ sagt er.

Er ist zwar erst in seinen Zwanzigern, hat aber die Seele, Narben und Kriegsgeschichten, um es mit dem hartgesottensten Straßenhund aufzunehmen. Bereits im Jahr 2007, als der Sänger erst 13 war, belegte er den 2. Platz mit seiner Homemade Jamz Blues Band beim 23. International Blues Challenge in Memphis. Schon damals brachten Perry und seine Geschwister die Clubs zum Beben mit ihrer eigentümlich-wilden Musikalität und emotionalen Reife. „Ich habe bei meinen Auftritten mehr über das Leben und die Welt gelernt, als ich je in der Schule hätte lernen können. Und dieses Wissen sorgte dafür, dass ich schneller erwachsen wurde – etwas wofür ich sehr dankbar bin,“ erinnert er sich.

Eine Dekade später haben die Triumphe und Niederlagen des Lebens Perry zu einem sogar noch reiferen eloquenteren Songwriter gemacht, der in der Lage ist, menschliche Wahrheiten mit seiner melodiösen Gitarre und tiefen souligen Stimme einzufangen. High Risk, Low Reward wird langjährige Fans der Homemade Jamz Blues Band begeistern. Aber die elf neuen Songs, die Perry mit seinem Produzenten Roger Inniss im Berliner Studio Erde aufgenommen hat, werden auch eine neue Fangemeinde generieren. Vom Titelsong mit dem klassischen Veranda-Blues seines Heimatstaates bis hin zum Song Hard Times, was eine eine Ode des Scheiterns in Amerika ist, wird dieses Album jede Generation berühren, die es hört.

„Ursprünglich wollte ich ja den Sound der Jamz Band auf diesem Album beibehalten, aber während des Songschreibens entdeckte ich, dass sich mein Musikgeschmack geändert hatte. Das Album bricht in einigen Bereichen musikalisch aus, während es andererseits an Gewohntem festhält. Was ich sagen kann, ist, ich spiele immer so, wie ich mich gerade in dem jeweiligen Moment fühle.“

In Berlin gingen Perry und seine Studio Band diese Songs dann gemeinsam an. Ain‘t Afraid To Eat Alone ist sehr funky und zugleich herzlich-innig, beginnend mit markantem Gitarrenspiel. Homesick ist ein etwas langsameres Funky-Blues-Stück, das nach schwerem Herzen klingt. „Der Song ist über mich, als ich nichts anderes wollte, als von zuhause wegzukommen (wobei „zuhause“ auch „meine Frau“ bedeuten könnte… sucht es euch aus), aber dann erkannte, dass ich bereits alles hatte, und wieder zurückkehren wollte.“

Anderswo reflektiert Perry über seine eigenen gescheiterten Beziehungen: „Pride, das bin ich, der über seine zu stolze (und manchmal auch giftige) Art sinniert und hofft, sie ändern zu können, bevor mich die, die ich liebe, verlässt. A Heart I Didn‘t Break handelt davon, sich selber zu lieben, bevor man jemand anderen lieben kann. Der Titelsong handelt davon, zu viel in jemanden zu investieren, der aber zu wenig zurückgibt. Etwas was wohl viele Leute kennen – ich hoffe nur, dass es mir nie wieder passiert im Leben.“

An anderen Stellen schreibt Perry über Musik selber. Bei Changing Blues betrachtet er sein geliebtes Genre und in welche Richtung es sich weiter entwickeln wird: „Dabei geht es darum, wie sich meine Meinung über Musik im Laufe der Zeit geändert hat. Viele Leute sind so einseitig, wenn es um den Blues geht. Aber der Blues hat sich nun mal in den letzten zwanzig Jahren verändert — wie wird er wohl in weiteren 20 Jahren klingen?“

Wohin auch immer die Blues Szene geht, Ryan Perry ist an der Spitze mit dabei als einer, der uralte Wahrheiten ausspricht, sie mit einer Kraft und Weitblick serviert, die auch junge Hörer anziehen wird.

„Die neue Blues Generation ist jetzt da. Und sie wird bleiben…“