Wie mögt ihr euren Rock ’n‘ Roll? Wenn die Antwort ist, nüchtern, steril und wie vom Fließband, dann lest nicht weiter. Aber wenn auf eurem Wunschzettel auch echte Gefühle und mitreißende Livemusik stehen, dann ist Jane Lee Hooker die Band für euch.
Alle mal herhören! Die heißeste Punk-Blues-Formation, die New York City je hergegeben hat, ist wieder da. Wer Jane Lee Hooker bei ihrem ersten Siegeszug verpasst hat, der sollte die Ausnahmetruppe spätestens jetzt zur Kenntnis nehmen. Der Lebenslauf jeder dieser fünf Musikerinnen beeindruckt und spricht für ihre Erfahrung in Kultbands wie Nashville Pussy und Bad Wizard. Doch als Dana „Danger“ Athens (Gesang), Hail Mary Z (Bass), Melissa „Cool Whip“ Houston (Schlagzeug), Tracy „High Top“ (Gitarre) und Tina „T-Bone“ Gorin (Gitarre) sich 2012 zusammen schlossen, wurden die Ziele noch höher gesteckt. Jane Lee Hooker will es bis ganz nach oben schaffen. „Wir sind ein eingeschworene Bande“, sagen sie. „Wir sind eine Familie.“
Ihr letztjähriges Debütalbum No B! – intelligent und modern, ohne die klassischen Wurzeln zu verleugnen – hat es Jane Lee Hooker ermöglicht, ein für allemal aus der New Yorker-Clubszene auszubrechen. Ihre explosiven Coverversionen älterer Bluesstücke auf dieser Durchbruchsproduktion wurden in führenden Fachblättern wie Classic Rock und The Blues gefeiert und ebneten den Weg zu wichtigen internationalen Auftritten, darunter auch bei der legendären TV-Sendung Rockpalast. „Damit ist für uns ein Traum in Erfüllung gegangen“, sind sie sich einig. „Es war einfach großartig.“
Mit dem Nachfolger Spiritus macht Jane Lee Hooker nun eine Art Kehrtwende und legt den Schwerpunkt verstärkt auf eigenes Material. „Spiritus besteht fast ausschließlich aus Songs, die wir gemeinsam geschrieben haben“, erklären sie. „Diesen Schritt zu gehen war für uns sehr spannend und hat sich auf jeden Fall gelohnt. Das Songwriting fällt uns eigentlich sehr leicht und hat sich im Rahmen des Albums von selbst erledigt.“
Heute setzen viele Künstler auf modernste Studiotechnik wie Auto-Tune und zimmern in der Nachbearbeitung glatt gebügelte Aufnahmen zusammen. Jane Lee Hooker gehört definitiv nicht dazu. Wie schon bei ihrer Debütscheibe gingen die fünf Musikerinnen mit dem angesehenen Produzenten Matt Chiaravalle ins Studio und drückten bei Ankunft ohne Umschweife auf den Startknopf. „Das Album sollte so rau und energiegeladen klingen wie unsere Konzerte“, betonen die New Yorker. „No B! diente als Blaupause – die Songs wurden auch diesmal live, ohne Effekte, ohne Pedale und ohne Overdubs aufgenommen. So haben wir den lebendigen Klang und die Energie des ersten Albums beibehalten können.“
Auch wenn diese Studiomethoden eher „Old School“ sind – für die Band bedeutet Spiritus einen kreativen Sprung nach vorne. Statt sich endlos über das neue Material den Kopf zu zerbrechen, vertrauten sie ihrem Bauchgefühl bei Songs, die im Grunde nichts anderes sind als eine Bestandsaufnahme zum aktuellen Stand von Jane Lee Hooker im vergangenen Sommer. „Dana hat während der Sessions unsere musikalische Einstellung auf den Punkt gebracht“, erinnert sich High Top. „Ich hatte gerade erst von einem Interview erzählt, in dem ein Musiker langatmig darüber redet, wie wichtig es ist, sich vorher für ein Leitthema zu entscheiden, sollte ein Album am Ende gelingen. Dana hat darauf hingewiesen, dass das englische Worte für Schallplatte – „record“ – mit dem Wort für Aufnehmen – auch „record“ geschrieben, wenn auch anders ausgesprochen – eng verwandt ist. Diese Platte ist also lediglich eine spontane Momentaufnahme und gibt genau das wieder, was im Sommer 2017 bei uns los war.“
Und das war schon einiges, erklärt High Top weiter. „Es gibt einen Song über Hundewelpen. In einem anderen Song geht es um den unerwartet frühzeitigen Verlust eines geliebten Menschen. Einen Titel haben wir dem legendären Konzertlokal Knuckleheads gewidmet. Woanders schreiben wir darüber, wie das Verliebtsein unsere Wahrnehmung der Welt positiv beeinflussen kann. Um welchen Titel es dabei im Einzelnen handelt, müsst ihr selbst heraus finden!“
Auf Spiritus geht so ziemlich alles. Bei „How Ya Doin‘“ verwandelt Dana das Studio in einen Konzertsaal und reagiert dabei auf Zuschauer, die sie sich im Kopf vorstellt. („How ya doin’, Kansas City? It’s good to see ya. Don’t ya sit there looking pretty. You gotta get up on your feet“, feuert sie ihr imaginäres Publikum an). Das stramme, von den Stones inspirierte „Gimme That“ steigert sich bis zum stampfenden Höhepunkt, während „Mama Said“ mit einer trotzigen, lebensbejahenden Botschaft, polternden Bassläufen und einem herausragenden Gitarrenduell begeistert („Who ya gonna be, when life’s at its worst?“).
„Be My Baby“ baut auf einen höllisch coolen Gitarrenpart; „Later On“, mit seinem lässigen Groove, bietet einem geliebten Menschen Hilfe in Krisenzeiten („Tonight, you’re mine“). Und dann gibt es noch „Black Rat“: Eine rasant schnelle Bluesnummer, bei der Dana alle Register zieht. („One day I’ll find your trail!“). „Ends Meet“ paart ein ratterndes Schlagzeug mit schleichender Gitarre und gesellschaftsrelevantem Inhalt („I’m full and hungry, we’re all just making ends meet“) während das raue „Turn On Your Love Light“ ein ausgelassener Shuffle mit Rockabilly-Flair ist.
Die breite Stilpalette schließt auch „The Breeze“ mit ein – einen neunminütigen, langsam kochenden Blues-Workout, bei dem die fünf Instrumentalistinnen zeigen, was sie können. Mit „How Bright The Moon“ betreten sie außerdem völliges Neuland: Nach dem zärtlichen Intro mit Piano und Gesang wandelt Jane Lee Hooker dieses Album-Highlight in eine wunderschöne, rührende Soul-Gospel-Nummer. Besonders dieser Song macht neugierig darauf, welche Wege die Band in Zukunft beschreiten wird.
„Wir wollten ein Album schaffen, das man gerne von Anfang bis zum Schluss hören möchte“, erklären sie. „Jeder Song sollte etwas bieten, in das man sich verlieben kann.“ Auftrag ausgeführt! In einer Welt, die mit konstruierten Bands und zuckersüßer Popmusik übersättigt ist, bildet Jane Lee Hooker eine erfrischende handfeste Alternative. Mit Spiritus laden sie zum Mitmachen bei einer Rock’n’Roll-Revolution ein…